Spuren
in Raum und Zeit
Bilder und
Gedichte von Christa Purschke
von Dr. Helmut
Orpel
Der Eindruck, den ein
Kunstwerk bei seinen Rezipienten hinterlässt, hängt wesentlich von dessen
Spannungsmomenten ab. Christa Purschke schafft diese Spannungsmomente durch die
Reduktion der Mittel. In der Konzentration auf nur wenige Elemente im Bild
steckt eine Magie, der man sich nur schwer entziehen kann.
Zu Beginn eines
Schaffensprozesses steht bei ihr immer ein bestimmtes Thema. Ihre Bilder sind
deshalb keineswegs gegenstandslos, wie es möglicherweise den oberflächlichen
Blick erscheinen mag. Sie sind vielmehr erzählerisch angelegt und beleuchten
unterschiedliche Aspekte einer Geschichte wie Fragmente von griechischen Vasen
deren ursprünglich vollständigen Gestalt. Besonders deutlich wird diese
Feststellung bei den zu biblischen Texten gemalten Bildern. Die Gegenständlichkeit,
die sich hier von der vielschichtig übermalten und daher tiefgründig wirkenden
Oberfläche deutlich abhebt, ist dabei bewusst in der Schwebe gehalten und lädt
zum meditativen Innenhalten ein. Der Bezug zum Inhalt ist bei den biblischen
Zyklen allein durch den Titel hergestellt.
Bei den „Miniaturen“, die den
neuen Katalog einleiten, ist die Thematik weitgehend offen gehalten, aber auch
hier schwingt eine sakrale Stimmung mit. Die Künstlerin verwendet bei diesen Bildern
Blattgold oder Blattsilber, ein hochdünnes Material also, dessen Handhabung Geschick und Kenntnis
erfordert. Durch Ritzungen und Risse sowie durch Überlagerungen entstehen spanungsreiche
Wechselbeziehungen, die den Betrachter in den Bann ziehen. Dem Gold wurde schon
in Urzeiten eine magische Wirkung zugesprochen. Bei dem hauchfeinen Blattgold
ist diese Wirkung ungebrochen. Es entsteht eine Aura, die sich auf die
Gesamtwirkung des damit belegten Gegenstandes überträgt. Das Gold vor einem
dunklen, monochromen Hintergrund verleiht Christa Purschkes „Miniaturen“ eine
geradezu mystische Ausstrahlung. Zeitspuren werden durch Ritzungen und
Überlagerungen imitiert. Auf diese Weise erhalten die Arbeiten das Aussehen von
Artefakten, deren ursprüngliche Bedeutung wir nicht kennen, sondern nur noch
erahnen.
Die Kraft der Reduktion
entdeckte Christa Purschke im hohen Norden. Nicht unwesentlich für diese
Entdeckung scheint nämlich eine Islandreise gewesen zu sein, in deren Folge in
ihrem künstlerischen Schaffen ein Paradigmenwechsel eingetreten ist.
Wie die hier wiedergegebenen
Islandbilder deutlich werden lassen, ist es vor allem die Weite jener
Landschaf, die einen besonderen Zauber auf sie ausübte. Von der überwältigenden
Wirkung der Isländischen Landschaft künden auch die Gedichte, die hier
wiedergegeben sind und die auf impressionistische Weise Ihr Naturerleben
schildern. Diese Schilderungen bilden eine Wertvolle Ergänzung zu den
sparsamen, reduzierten Linien von Christa Purschkes Island-Bildern.
Die Möglichkeiten, welche sich
Christa Purschke über den Weg der Reduktion erarbeitet hat, sind ihr besonders
bei ihrem Bestreben nützlich. Musik in Malerei zu übersetzen. Der Tanz in
seiner ausgeprägtesten Form als Tango ebenso wie der afrikanische Volkstanz,
ist dabei das Medium, das die Rhythmen der Musik in Formen übersetzt.
Beim Tanz sind die Formen
durch die Dynamik bedingt, in der sie sich auflösen und wieder neu bilden.
Diese Formen erweitern sich, indem sie den Raum umgreifen. Auf diese Weise
fasst auch Christa Purschke den Tanz auf, als sie zur Linie gewordene Bewegung.
Diese Bewegung können wir in ihren Bildern miterleben.
Vergleicht man die unterschiedlichen Zyklen, die in diesem Katalog wiedergegeben sind miteinander, so wird man feststellen, dass es neben der Reduktion vor allem die Fähigkeit ist, mit Bildern sowohl meditative Ruhe als auch das Gefühl von formatlösender Dynamik auszudrücken, welche die Werke von Christa Purschke auf eine besondere Weise auszeichnet.